Von Aufstiegen und Trauben, die zu hoch hängen

Bonustrack: Turnierregeln V

 

Wir gratulieren dem Team Dierks (Sabine Szimanski/Hans Dierks/Marius Bieschke/Gaby Knoll/Gerd Ohlendorf und Martin Müller) herzlich zum Aufstieg in die Regionalliga! Der Relegationskampf gegen ein Team aus dem Club Hanseatic Hamburg wurde deutlich gewonnen. Damit ist Bremen I im nächsten Jahr in der Regionalliga gleich doppelt vertreten. Bekanntlich war unser erstes Team aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Wir freuen uns auf die Konkurrenz aus dem eigenen Lager, gegen die wir den ersten Kampf im Januar werden bestreiten müssen. Zielsetzung ist, dass eines unserer Teams im kommenden Jahr die Regionalliga gewinnt und sich über die Bundesligaaufstiegsrunde für die 2. Bundesliga 2010 qualifiziert - auf hochhängende Trauben komme ich gleich noch zurück – und das andere Team ebenfalls erfolgreich abschneidet, in jedem Fall aber die Klasse hält. Ich halte dies für keine unrealistische Zielsetzung.

Loiben 2008 liegt hinter uns. Leider. Es war eine wunderbare Woche, auch wenn wir – ich spreche hier für die gesamte Reisegruppe aus Bremen und umzu – bridgelich nichts bis wenig gerissen haben. Es ist wirklich so – die Wachauer Trauben hängen hoch, aber die, die schon zu Wein verarbeitet sind, munden vorzüglich. Vielleicht haben wir auch zu viel des köstlichen Weines genossen, doch ich glaube eher, dass die Konkurrenz zu stark war. Man muss sich – unsere Mitreisenden werden dies bestätigen können – erst einmal auf die granteligen Österreicher einstellen. Praktisch niemand legt eine Konventionskarte vor, Auskünfte werden – man kennt dies natürlich auch von einigen hiesigen Experten – hartnäckig verweigert. Insistiert man, kommt dies einer Majestätsbeleidigung gleich. Eine nicht wirklich sympathische, rundliche Österreicherin beschied meine Partnerin auf die ja durchaus legitime Frage nach der Stärke des SA böse zischend „15-17. Ich habe nicht alertiert.“. Nun denn.

Am besten hielten sich aus der „Bremen und Umzu“ Gesandtschaft in der vergangenen Woche noch Hardtmuth Groß und Horst Schumacher, aber auch sie waren von einstelligen Ergebnissen und oberen Rängen vergleichsweise weit entfernt, was kein Wunder ist, wenn man weiß, dass auch in diesem Jahr wieder knapp 200 Paare allein am Hauptpaarturnier teilnahmen.

Die gute Nachricht erfuhren wir ganz zuletzt. Es war nicht die letzte Bridgewoche in der Wachau. Dies stand konkret zur Diskussion, weil Gastgeber Knoll, der Mann mit den „gestreckten Preisen“, nicht mehr motiviert sein soll, eine ganze Woche lang Bridger zu beherbergen, aber auch weil er umbauen will bzw. wegen der Hochwasserprävention muss. Gleich wie, das Organisationskomitee versicherte glaubhaft, dass die Loibenwoche 2009 vom 02. bis 09. August gesichert ist. Wir sind ganz bestimmt wieder mit von der Partie, auch wenn – vielleicht sogar weil – die süßen Trauben in der Wachau so hoch hängen...

Der Stichtag der Einführung der neuen Turnierbridgeregeln in Deutschland am 01.09.2008 rückt unaufhörlich näher. Zeit also, sich mit einigen weiteren Regeländerungen zu beschäftigen. Heute befassen wir uns mit den §§ 73 – Verständigung – und 74 – Umgangsformen – der TBR 2007. Und damit auch mit der vielzitierten und nicht weniger oft missbrauchten Bridgeethik. Der Anlass ist aktuell, weil mir sowohl in der Woche in Loiben als auch bei unserem Paarturnier gestern wiederholt auffiel, wie unbeanstandet regelwidrig sich einige Bridgefreunde so verhalten ...

Zunächst gibt § 72 einige allgemeine Grundsätze wieder, die ich auszugsweise zitieren möchte:

Bridgeturniere sollten in strikter Übereinstimmung mit den Regeln gespielt werden. Das oberste Ziel ist es, ein besseres Ergebnis als andere Teilnehmer zu erzielen, sich dabei jedoch an die rechtmäßigen Verfahren und ethischen Normen zu halten, wie sie in diesen Regeln dargelegt sind.

Ein Spieler darf keinesfalls eine Regel absichtlich verletzen, selbst wenn dafür eine Rektifikation vorgesehen ist, die er auf sich zu nehmen bereit ist.

Es besteht keine Verpflichtung, auf einen Regelverstoß der eigenen Seite aufmerksam zu machen (siehe jedoch § 20 F im Falle einer falschen Auskunft und siehe §§ 62 A und 79 A2).

Ein Spieler darf nicht versuchen, einen Regelverstoß zu vertuschen, indem er z. B. ein zweites Revoke begeht, eine in ein Revoke involvierte Karte versteckt oder die Karten vorzeitig mischt.

§ 73 regelt die Fragen der angemessenen und unangebrachten Verständigung zwischen Partnern. Ich zitiere auszugsweise:

Die Verständigung zwischen den Partnern während der Reizung und des Spiels soll ausschließlich durch die Bedeutung von Ansagen und Spielweisen erfolgen.

Die Ansagen und Spielweisen sollten ohne übermäßige Betonung, Verhalten oder Tonfall erfolgen sowie ohne unangebrachtes Zögern oder Hast. Jedoch können regulierende Instanzen Zwangspausen vorschreiben, ...

Die Partner sollen sich nicht mittels z.B. der Art und Weise, wie Ansagen und Spielweisen gemacht werden, nicht regelkonformer Bemerkungen oder Gesten, gestellter oder nicht gestellter Fragen an die Gegner oder gegebener oder nicht gegebener Alerts und Erklärungen an sie verständigen.

Der schwerstmögliche Verstoß besteht in einer Partnerschaft darin, Informationen durch im Vorfeld ausgearbeitete, anders als in diesen Regeln erlaubte Verständigungsmethoden auszutauschen.

§ 73 C beschreibt, wie ein Spieler mit unerlaubten Informationen des Partners umgehen sollte:

Hat ein Spieler von seinem Partner eine unerlaubte Information erhalten, wie z. B. durch eine Bemerkung, Frage, Erklärung, Geste, Verhalten, besondere Betonung, Tonfall, Hast oder Zögern, ein unerwartetes (d.h. unerwartet bezogen auf die Grundlage seiner Handlung) Alert oder das Versäumnis zu alertieren, muss er sorgfältig vermeiden, irgendeinen Vorteil aus dieser unerlaubten Information zu ziehen.

§ 73 D regelt das auch bei uns immer wieder festzustellende, ja durchaus nonverbal „aussagekräftige“ Abweichen im Tempo oder Verhalten. Auch hier zitiere ich auszugsweise:

Es ist erwünscht, wenngleich nicht immer verlangt, dass die Spieler ein gleich bleibendes Tempo und Verhalten beibehalten. Die Spieler sollten jedoch insbesondere dann vorsichtig sein, wenn sich Abweichungen zum Vorteil für ihre Seite auswirken könnten. Andererseits ist es kein Regelverstoß an sich, unabsichtlich das Tempo zu variieren, in dem eine Ansage oder eine Spielweise gemacht wird. Schlussfolgerungen aus derartigen Abweichungen dürfen korrekterweise nur von einem Gegner und auf dessen eigenes Risiko gezogen werden.

Ein Spieler darf nicht versuchen, einen Gegner mittels Bemerkungen oder Gesten, durch Hast oder Zögern bei einer Ansage oder einem Spiel (wie z. B. beim Zögern vor dem Spielen eines Singletons), der Art und Weise, wie eine Ansage oder ein Spiel gemacht wird, oder durch irgendeine absichtliche Abweichung vom korrekten Verfahren in die Irre zu führen.

E. Täuschung:

Ein Spieler darf korrekterweise versuchen, einen Gegner durch eine Ansage oder ein Spiel zu täuschen (solange die Täuschung nicht durch eine verborgene Partnerschaftsvereinbarung oder -erfahrung abgesichert ist).

F. Verletzung der Anstandsregeln:

Führt eine Verletzung der Anstandsregeln, wie in dieser Regel beschrieben, zu einem Schaden für einen unschuldigen Gegner und kommt der Turnierleiter zu der Auffassung, dass ein unschuldiger Spieler einen falschen Rückschluss aus einer Bemerkung, Verhalten, Tempo o. ä. eines Gegners gezogen hat, der keinen nachweislichen Bridgegrund für die Handlung besitzt und der zum Zeitpunkt seiner Handlung gewusst haben könnte, dass sich die Handlung zu seinen Gunsten auswirken könnte, soll der Turnierleiter einen berichtigten Score zuerkennen (siehe § 12 C).

Zum Abschluss für heute noch kurz einige Hinweise auf § 74 zu den Umgangsformen, die wir alle uns zu Herzen nehmen, zukünftig aber auch tatsächlich praktizieren sollten:

A. Richtige Einstellung

1. Ein Spieler sollte jederzeit eine höfliche Einstellung beibehalten.

2. Ein Spieler sollte sorgfältig jede Bemerkung oder Handlung vermeiden, die bei einem anderen Spieler Verärgerung oder Verlegenheit hervorrufen oder die die Freude am Spiel beeinträchtigen könnte.

3. Jeder Spieler sollte beim Ansagen und Spielen gleichmäßig und korrekt verfahren.

 

 

 

 

B. Umgangsformen

Aus Gründen der Höflichkeit sollte ein Spieler es unterlassen:

1. dem Spiel unzureichende Aufmerksamkeit zu widmen.

2. unnötige Bemerkungen während der Reizung oder des Spiels zu machen.

3. eine Karte zu ziehen, bevor er an der Reihe ist zu spielen.

4. das Spiel unnötigerweise zu verlängern (z. B. weiterzuspielen, obwohl er weiß, dass alle Stiche sicher ihm gehören), mit dem Ziel, einen Gegner aus der Fassung zu bringen.

5. den Turnierleiter in einer Weise zu rufen oder anzusprechen, die diesem oder anderen Teilnehmern gegenüber unhöflich ist.

Schließlich regelt § 75 C beispielhaft Verfahrensverstöße:

1. verschiedene Bezeichnungen für dieselbe Ansage zu verwenden.

2. Zustimmung oder Missfallen für eine Ansage oder ein Spiel zu zeigen.

3. die Erwartung oder Absicht, einen unvollständigen Stich zu gewinnen oder zu verlieren, anzuzeigen.

4. während der Reizung oder des Spiels Kommentare abzugeben oder Handlungen zu tätigen, wie z. B. die Aufmerksamkeit auf einen bedeutenden Vorfall oder die Anzahl der Stiche, die noch für einen Erfolg nötig sind, zu lenken.

5. absichtlich einen anderen Spieler während der Reizung oder des Spiels anzuschauen oder auf die Hand eines anderen Spielers zu schauen, mit dem Ziel, seine Karten zu sehen oder zu beobachten, von welcher Stelle er eine Karte zieht (jedoch ist es statthaft, aufgrund von Informationen zu handeln, die man durch das unabsichtliche Sehen einer Karte eines Gegners erhalten hat).

6. den offensichtlichen Mangel an weiterem Interesse an einer Verteilung zu zeigen (z. B. indem man seine Karten zusammenschiebt).

7. das normale Tempo der Reizung oder des Spiels zu variieren, um einen Gegner aus der Fassung zu bringen.

8. unnötig den Tisch zu verlassen, bevor zur nächsten Runde aufgerufen wird.

Alles klar? Bis zur nächsten Woche verbleibe ich mit bridgesportliche Grüßen.

Uwe Schoolmann

1. Vorsitzender und Sportwart